Yoga für Männer unterscheidet sich von Yoga für Frauen

Yoga? Das ist doch nichts für echte Kerle. Nichts für richtige Männer. Aber warum eigentlich nicht? Ich heisse Stefan Boeni, ich kenne diese Vorurteile und verstehe sie nicht. Für mich ist Yoga eine echte Männerdomäne.

Yoga wurde vor Jahrtausenden von Männern entwickelt und nur an Männer weitergegeben. Erst als Yoga in die westliche Welt kam, entdeckten Frauen Yoga für sich. Damit wurde Yoga zu einem «Frauen-Ding», zu dem heutige Männer leider oftmals keinen Zugang haben. Eine männliche Schwäche ist es, etwas abzulehnen, ohne zu wissen, worum es eigentlich geht. Das will ich ändern. Und da ich weiss, wie Männer ticken, mache ich das auf meine ganz persönliche Art.

«Männer tun gerne etwas, was sie gut können. Sie arbeiten nicht gerne an ihren Defiziten und konzentrieren sich lieber auf ihre Stärken. Männer glauben, dass sie den Wettbewerb brauchen, um ein Ziel zu erreichen. Das Ziel ist natürlich der Sieg, denn an Niederlagen mangelt es im Alltag ja meistens nicht. Damit sind wir auch schon beim Thema: Yoga ist eine Hinführung zu sich selbst. Unverbaut, erschreckend offen, ohne Ausreden und Selbstlügen.

Viele Männer verharren apathisch in ihrer Rolle

Das scheint für Männer zunächst ungewöhnlich. Fakt ist jedoch, dass viele Männer mittlerweile völlig apathisch sind und aus der von aussen oder von sich selbst auferlegten Rolle im Leben kaum ausbrechen können. Das gilt für den sogenannten Macho genauso wie für das vermeintliche Weichei. Man beobachtet das überall. Und es ist auch keine Frage der sexuellen Orientierung. Wobei sich der hetero-orientierte Mann sicher noch mehr in seinen eigenen Grenzen zu bewegen scheint als der homosexuelle.

Es ist Zeit, dass sich Männer selbst Gedanken machen und sich hinterfragen. Was sie nicht zuletzt auch zu einem besseren Partner (nicht nur für Frauen) macht. Dabei geht es nicht um die alte Diskussion des harten oder weichen Mannes – oder um den armen Mann, der der starken Frau trotzen muss. Es geht um eine Neudefinition, wie man(n) mit den Herausforderungen der neuen Zeit umgeht. Und zwar in allen Lebenslagen. Die Frau in emanzipierten Kulturkreisen ist es mittlerweile gewohnt, für sich zu kämpfen und ihre Wünsche zu artikulieren. Sicher ist diese Errungenschaft ein Ergebnis der jahrhundertelangen Unterdrückung durch männliche Dominanz. Als Folge haben Frauen besser als Männer gelernt, sich abzugrenzen.

Yoga für Männer ist mit Yoga für Frauen kaum vergleichbar

Männer sind anders aufgebaut. Sie ticken anders, haben einen anderen Bewegungsapparat, sie füllen eine andere Rolle aus, sie fühlen und sie frieren anders – und doch sind sie Menschen. Yoga für Männer ist der direkte Weg, um sich von innen heraus neu zu entdecken und das Aussen dem Lebensglück anzupassen. Sich selbst ungefiltert zu entdecken und sich unabhängig von Konventionen neu oder zumindest besser kennenzulernen, wird den einen oder anderen erschrecken.

Yoga für Männer ist den anatomischen Gegebenheiten des Mannes angepasst: Der männliche Körper ist kräftiger gebaut. Der Bewegungsapparat eines Mannes unterscheidet sich gänzlich vom Bewegungsapparat einer Frau: Aufbau und Stärke der Skelettmuskulatur, Sexual- und Hormonstruktur, Atmung sowie die Neigung zu verkürzten Muskeln und angespannten Sehnen sind nur einige davon.

Männer atmen anders als Frauen

Viele Männer leiden unter Rückenschmerzen, die aus einseitigen wiederkehrenden Bewegungsabläufen, falscher Sitzhaltung und falschen Bewegungsmustern rühren. Das allein ist schon Grund genug, dass sich eine Yogastunde für Männer völlig anders gestaltet eine Yogastunde, in der auch Frauen mitmachen.

Ein Beispiel ist die Atmung: Männer trauen sich in einer gemischten Gruppe oft nicht, tief und aktiv zu atmen. Sie ziehen ihren -falls vorhanden- schwabbeligen Bauch ein und fokussieren sich auf eine verkürzte Atmung. Diese verkürzte Atmung führt zur Anreicherung des Blutes durch CO2. Das wiederum führt zu Verkrampfungen – ein Teufelskreis.

Beim Männeryoga geht es auch um Entspannung, innere Balance und um das Ausloten der eigenen Grenzen. Und ganz besonders um das Sich-Öffnen für die eigene Grösse und den eigenen Mut – im Idealfall auch den eigenen inneren Weg. Aus dieser Stille entsteht Grösse und Kraft.

Männer reifen an Konflikten

Das Leben von Männern verursacht heute kaum noch körperliche Anstrengungen. Aber enorme mentale Anspannung. Sie müssen den ganzen Tag kontrolliert sein und dürfen sich keine Gefühlsausbrüche erlauben. Sie müssen wach und konzentriert sein und Routine mit schlafwandlerischer Sicherheit absolvieren. Sie müssen Niederlagen ohne emotionale Beteiligung wegstecken und Zuhause ein verständnisvoller Partner und liebevoller Vater sein.

Yoga eröffnet Männern die einmalige Chance, diese Anforderungen neu zu meistern und souverän für sich selbst zu gestalten. Männer, die denken, Yoga sei etwas für Softies, werden feststellen, dass Yoga verdammt anstrengend sein kann.